Broccolo fiolaro – ein neuer Star?
Broccolo fiolaro – ein neuer Star?
Alte Gemüsesorten werden neu entdeckt. Die Schweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren, pro specie rara, schreibt zum Beispiel, dass in unseren Bergtälern zahlreiche alte Kartoffelsorten wie „Lauterbrunnen“, „Frühe Prättigauer“ oder „Safier“ überlebt haben und dass ihre Vielfalt an Aromen, Farben und Kocheigenschaften Hobby- und Profiköche gleichermassen begeistern.
In Italien zeigt sich ein ähnlicher Trend. Gemüsesorten, die über Jahrzehnte nur in begrenzten Gebieten angepflanzt wurden, werden von Spitzenköchen entdeckt und erleben neuerdings eine weite Verbreitung. So erging es auch dem broccolo fiolaro, einer Broccoli-Variante, die auf den Hügeln in der Gegend von Creazzo, in der Provinz Vicenza, angebaut wird. Die Kultivierung dieser Pflanze soll bis in die Römerzeit zurückgehen. Nun haben in den letzten Jahrzehnten Restaurants in der Gegend von Vicenza das Gemüse neu interpretiert und viel zu seiner jetzigen Popularität beigetragen. Anders als man erwarten würde, hat der broccolo fiolaro keinen bitteren Anteil, wir empfanden ihn sogar leicht süsslich-nussig.
Bei uns findet man ihn allerdings sehr selten, und wir wurden nur durch Flavio, unserem Gemüsehändler auf dem Berner Markt, darauf aufmerksam gemacht. Da wir gerne Neues ausprobieren, kauften wir ein Büschel und machten uns auf die Suche nach Rezepten. Dabei stiess ich auf den italienischen Kaufmann Pellegrino Artusi (4.8.1820 – 30.3.1911). Er wurde durch sein Kochbuch „La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene“ zum Begründer der Nationalküche des Bel Paese. Schon vor mehr als 100 Jahren beschrieb er das folgende Rezept: „Dieser Broccoli, der in Creazzo viel gegessen wird, hat Blätter von einem dunklen Grün. Diese reinigen, die härtesten wegwerfen und die übrigen in heissem Wasser kochen, herausnehmen und sofort in kaltem Wasser abschrecken. Nach dem Abschütten grob schneiden und zusammen mit lardo vergine (lardo di Colonnata) in einer Bratpfanne andünsten, mit Salz und Pfeffer würzen, Weisswein angiessen, unter ständigem Wenden weiterkochen, bis der Wein verdunstet ist; dann als Köstlichkeit servieren. Ich kann für dieses Gericht keine präzisen Mengenangaben machen, habt Geduld und versucht dies selbst herauszufinden, so dass es eurem Geschmack am besten entspricht.“
Der broccolo fiolaro, der dem catalogna oder dem cima di rapa sehr ähnlich sieht, hat viele Anwendungsmöglichkeiten. Er eignet sich als antipasto, primo, secondo und contorno. Auf der Webseite https://www.broccolofiolaro-fioi.it/index.php/ricette-broccolo-fiolaro findet man viele traditionelle Rezepte der Köche jener Gegend, darunter sogar ein Dessert.
Uns reizte es, eine Pizza al broccolo fiolaro zu machen. Wir waren gespannt darauf, wie sich der Geschmack mit dem Mozzarella und den Tomaten verbinden würde, und wir wurden überrascht. Die Pizza schmeckte ausgewogen und hatte einen dezenten Charakter. Da es broccolo fiolaro nur in den Wintermonaten gibt, erkoren wir diese Pizza zur Winterpizza. Ausserdem bereiteten wir noch broccolo fiolaro trifolato als contorno zu. Er eignet sich gut als Begleiter von Fleisch oder Fisch und kann auch zusammen mit anderen Gemüsen als antipasto serviert werden. Die vellutata di broccolo fiolaro con crostini ist eine Besonderheit, mit der man Gäste überraschen kann. Sie eignet sich sowohl als primo wie auch als antipasto.
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